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Insichgeschäfte bei Einpersonen Kapitalgesellschaften in der Schweiz

Die Zahl der Einpersonen Kapitalgesellschaften in der Schweiz hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Immer mehr Gründerinnen und Gründer entscheiden sich für die Gründung einer GmbH oder AG, deren Anteile vollständig in einer Hand liegen. Diese Rechtsform bietet eine klare Trennung zwischen der Gesellschaft als juristischer Person und dem Eigentümer als natürlicher Person. Zugleich entsteht jedoch eine besondere rechtliche Konstellation, in der die Gesellschaft durch ihren Alleineigentümer vertreten wird. In diesem Spannungsfeld spielt die Frage der sogenannten Insichgeschäfte eine zentrale Rolle.


Ein Insichgeschäft liegt vor, wenn eine Person im Namen der Gesellschaft mit sich selbst oder als Vertreterin einer anderen Partei einen Vertrag abschliesst. In einer Einpersonen Gesellschaft bedeutet dies konkret, dass der Alleingesellschafter in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer oder Verwaltungsrat mit sich selbst als Privatperson handelt. Typische Beispiele sind der Abschluss eines Arbeitsvertrags zwischen dem Eigentümer und der von ihm kontrollierten Gesellschaft, Darlehensverträge oder Mietverträge über privat genutzte Räumlichkeiten. Diese Situationen schaffen potenzielle Interessenkonflikte, weil die handelnde Person auf beiden Seiten des Vertrags steht.


Das schweizerische Gesellschaftsrecht regelt den Umgang mit solchen Konstellationen in Artikel 718b, 814 Absatz 4 und 899a des Obligationenrechts. Diese Bestimmungen legen fest, dass Insichgeschäfte in Kapitalgesellschaften und Genossenschaften besonderen formellen Anforderungen unterliegen. Insbesondere gilt ein Schriftformerfordernis, wenn der Wert der Gesellschaftsleistung mehr als 1000 Franken beträgt. Der Vertrag muss in diesem Fall vollständig schriftlich abgefasst werden. Diese Pflicht dient der Transparenz und der Dokumentation, nicht zuletzt auch aus Beweisgründen gegenüber Revisionsstellen, Steuerbehörden oder Gerichten.


Im Kern geht es um die Sicherung der Interessen der Gesellschaft gegenüber ihrem Organ. Die Einpersonen GmbH oder Einpersonen AG stellt dabei einen Sonderfall dar. In der Praxis fallen die Rollen des Organs und des Eigentümers zusammen, wodurch Willensbildung, Interessen und Handlungsmacht in einer Person vereint sind. Gerade deshalb misst das Gesetz der formellen Dokumentation besonderes Gewicht bei. Durch die Schriftform soll verhindert werden, dass nachträglich unklare oder einseitig gestaltete Vertragsverhältnisse entstehen, die der Gesellschaft schaden könnten. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass schriftlich festgehaltene Vereinbarungen die Nachvollziehbarkeit und Rechtssicherheit erhöhen.


Das betrifft insbesondere interne Vereinbarungen, die wirtschaftlich bedeutsam sind. Ein klassisches Beispiel ist der Arbeitsvertrag des Eigentümers mit seiner eigenen Gesellschaft. Auch wenn diese Person faktisch ihre eigene Arbeit organisiert und sich selbst Lohn ausbezahlt, handelt es sich rechtlich um ein Vertragsverhältnis zwischen zwei verschiedenen Rechtssubjekten. Der Arbeitsvertrag bildet die Grundlage für die Lohnzahlung und ist relevant für die Abrechnung von Sozialversicherungen, Quellensteuern und Pensionskassenbeiträgen. Ohne schriftlichen Vertrag besteht das Risiko, dass Behörden oder Dritte die wirtschaftliche Grundlage der Lohnzahlungen in Frage stellen.


Ein weiteres Anwendungsfeld betrifft Darlehen zwischen Eigentümer und Gesellschaft. Wenn der Eigentümer seiner Gesellschaft Mittel zuführt oder umgekehrt ein Geschäftskonto für private Ausgaben nutzt, entsteht eine rechtliche Transaktion, die den Charakter eines Kreditverhältnisses haben kann. Auch hier ist eine schriftliche Vereinbarung erforderlich, sobald der Wert die Schwelle von 1000 Franken überschreitet. Eine saubere vertragliche Grundlage dient nicht nur der Erfüllung gesetzlicher Pflichten, sondern auch der Klarheit gegenüber Steuer- und Revisionsstellen. Sie dokumentiert, dass die Gesellschaft als eigenständiges Rechtssubjekt agiert und nicht mit der privaten Sphäre des Eigentümers verschmilzt.


Die Missachtung der Schriftform kann in der Praxis erhebliche Konsequenzen haben. Wird ein Insichgeschäft nicht schriftlich festgehalten, gilt es als formungültig. Das bedeutet, dass der Vertrag rechtlich nicht wirksam zustande gekommen ist und keine bindenden Verpflichtungen erzeugt. Daraus ergibt sich das Risiko, dass Leistungen der Gesellschaft an den Eigentümer, etwa Lohnzahlungen, Darlehensauszahlungen oder Mietkosten, als nicht rechtmässig beurteilt werden. In der Folge können solche Zahlungen als verdeckte Gewinnausschüttungen gewertet werden, was steuerliche Nachforderungen und sozialversicherungsrechtliche Korrekturen nach sich zieht. Auch bei einer späteren Revision oder im Insolvenzfall kann das Fehlen einer schriftlichen Grundlage problematisch werden, da Transaktionen zwischen Eigentümer und Gesellschaft als unklar, nicht fremdvergleichskonform oder potenziell schädigend eingestuft werden können.


Zusätzlich kann das Fehlen der Schriftform haftungsrechtliche Folgen für das Organ haben. Wenn ein Verwaltungsrat oder Geschäftsführer, auch in seiner Eigenschaft als Alleineigentümer, Pflichten gegenüber der Gesellschaft verletzt, kann er gemäss Artikel 754 des Obligationenrechts persönlich haftbar gemacht werden. Ein ungültig abgeschlossenes Insichgeschäft kann als Pflichtverletzung gewertet werden, insbesondere wenn der Gesellschaft daraus ein Schaden entsteht oder der Eindruck mangelnder Sorgfalt entsteht. Im Konfliktfall oder bei Auseinandersetzungen mit Gläubigern fehlt zudem die rechtliche Beweisgrundlage, um zu zeigen, dass Transaktionen ordnungsgemäss und zum Vorteil der Gesellschaft erfolgten.

Die Praxis zeigt, dass die Missachtung der Formvorschrift in Einpersonen Gesellschaften vor allem aus Unkenntnis erfolgt. Viele Gründerinnen und Gründer gehen davon aus, dass interne Absprachen genügen, solange sie selbst alle Entscheidungen treffen. Doch rechtlich wird die Gesellschaft als eigenständige juristische Person behandelt, deren Handlungen einer klaren formellen Grundlage bedürfen. Selbst wenn wirtschaftlich kein Interessengegensatz besteht, schreibt das Gesetz die Schriftform als Schutzmechanismus vor. Dieser Grundsatz gilt konsequent und ohne Rücksicht darauf, ob externe Aktionäre oder Gesellschafter beteiligt sind.

Die Regelung zu Insichgeschäften verdeutlicht damit einen zentralen Grundgedanken des schweizerischen Gesellschaftsrechts. Die juristische Person ist ein eigenständiges Rechtssubjekt mit eigenen Pflichten, Rechten und Verantwortlichkeiten. Der Eigentümer kann sich nicht auf seine Doppelrolle berufen, um formelle Anforderungen zu umgehen. Auch in der kleinsten Gesellschaftsstruktur gilt der Anspruch auf Transparenz und Nachvollziehbarkeit.


Im Ergebnis ist die Schriftformpflicht für Insichgeschäfte ein wesentlicher Bestandteil der Corporate Governance in Einpersonen Kapitalgesellschaften. Sie schützt die Gesellschaft vor unklaren internen Transaktionen, gewährleistet die rechtliche Sauberkeit und stärkt das Vertrauen in die Struktur der Gesellschaft. In einem Startup Umfeld, in dem viele Gründer ihre Firma zunächst alleine aufbauen, ist dies ein zentraler, oft unterschätzter Aspekt der rechtlichen Professionalität.


ree

 
 
 

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