Rederecht an der Generalversammlung: Zwischen Demokratie und Effizienz
- Tobias Fuchs
- Aug 18
- 2 min read
Stellen Sie sich eine Generalversammlung in einem Startup vor. Auf der Traktandenliste stehen Kapitalerhöhung, ESOP und die Wahl eines neuen VR Mitglieds. Die Agenda ist sportlich. Doch schon beim zweiten Punkt meldet sich ein Aktionär, der jede Nuance seines Standpunkts ausführlich darlegen möchte. Zwanzig Minuten später haben wir immer noch denselben Redner, die restlichen Aktionäre rollen die Augen und Sie als VRP überlegen, wie Sie das Ruder wieder in die Hand bekommen. Willkommen in der Praxis des Rederechts.
Das Rederecht ist im Aktienrecht nicht detailliert geregelt. Trotzdem ist es ein zentrales Mitwirkungsrecht der Aktionäre. Jeder Aktionär darf Fragen stellen, Voten abgeben und seine Meinung platzieren. Klingt nach einem demokratischen Idealbild, wird in der Realität aber oft zur Geduldsprobe. Vor allem dann, wenn einzelne Aktionäre das Podium als Bühne für Grundsatzreferate nutzen.
Die gute Nachricht lautet: Sie haben als Versammlungsleitung durchaus Werkzeuge. Eine faire Redezeitbeschränkung ist zulässig, wenn sie sachlich begründet wird und für alle gilt. In der Praxis bewährt sich ein Limit von rund fünf Minuten pro Traktandum. Wer trotzdem ausschweifend wird, darf ermahnt und nach klarer Vorwarnung sogar zum Schweigen verpflichtet werden. Der Vorsitz ist kein zahnloser Tiger.
Allerdings gilt, dass Massnahmen mit Augenmass eingesetzt werden sollten. Eine überharte Einschränkung kann die Stimmung schnell vergiften und gibt dem unzufriedenen Aktionär am Ende nur zusätzliches Futter. Die Kunst liegt darin, Balance zu halten. Demokratie ja, aber nicht endlos. Effizienz ja, aber ohne autoritären Beigeschmack.
Für VR Präsidentinnen und Präsidenten in Startups heisst das: Bereiten Sie sich auf das Rederecht so gut vor wie auf den Jahresabschluss. Legen Sie Redezeitregeln frühzeitig fest und kommunizieren Sie diese transparent. Damit vermeiden Sie endlose Diskussionen und behalten die Kontrolle über die Sitzung. Denn nichts wirkt unprofessioneller, als wenn eine Generalversammlung in endlose Redeschleifen driftet und am Schluss keiner mehr weiss, worüber abgestimmt wurde.

Take away: Das Rederecht ist kein Freipass für Endlosmonologe. Klare Regeln, transparente Kommunikation und konsequente Führung sind die besten Freunde einer effizienten Generalversammlung.



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